Carsten Höller
geb. 1961 in Brüssel, lebt und arbeitet in Stockholm
Die Ausstellung »Carrousel« vereint in fünf aufeinander bezogenen Werken sich drehende und wiederholende Elemente bzw. erzeugt durch den Einsatz optischer Stimuli das Erlebnis des Kreisens und der Wiederkehr des ewig Gleichen.
Im Erdgeschoss platziert Carsten Höller in Form eines Readymade ein riesiges Karussell mit 17 m Durchmesser (»R B Ride«, 2007). Jeweils 2 Personen haben in den 12 Gondeln Platz, die sich langsam bis zur Decke nach oben und zurück zu ihrer Startposition drehen. Ganze 15 Minuten dauert eine einzige Umrundung, bei der die Teilnehmer in der Gondel gefangen sind.
Im ersten Stockwerk trifft der Besucher auf einen überwältigenden Lichtraum, der den Eindruck erweckt, der Raum selbst würde sich drehen. Entlang der Wände läuft ein 2 Meter breites Band aus Zehntausenden weiß leuchtenden Dioden. Wobei jede der vier Wände nacheinander mehrfach pro Sekunde blinkt, sodass eine Kreisbewegung entsteht und beim Betrachter halluzinatorische Nachbilder und Farbwahrnehmungen in Rot, Blau und Grün ausgelöst werden.
Der Raum des zweiten Stockwerks ist optisch in der Diagonale geteilt, indem die Wände auf der einen Seite verspiegelt sind und auf der anderen Seite nicht. Die Illusion einer Drehbewegung entsteht durch das Hin-und-her-Springen des eigenen Spiegelbildes in der verspiegelten Raumecke. Die leere, nicht verspiegelte Raumhälfte und der Betrachter werden gleichzeitig spiegelverkehrt und durch eine Doppelspiegelung seitenrichtig wiedergegeben. Zudem recycelt Carsten Höller den von Daniel Buren 2001 im Kunsthaus Bregenz geschaffenen Spiegelraum mit all seinen Gebrauchsspuren.
Im dritten Stockwerk errichtet Höller das »Drehende Hotelzimmer«. Dieses besteht aus vier übereinander angeordneten Glasscheiben, die in Zeitlupe und für den Benutzer kaum merklich in verschiedene Richtungen kreisen, und ist wie ein Hotelzimmer mit Schlaf-, Arbeits- und Sanitärbereich ausgestattet. Interessierte können den Raum für Freitag- oder Samstagnacht als Einzel- oder Doppelzimmer buchen und so die Ausstellung und das Kunsthaus Bregenz eine Nacht lang für sich allein haben.
Entsprechend dem Ausblick aus einem Hotelzimmer und der Sicht aus einem Fenster, das es im Kunsthaus nicht gibt, gewährt das dritte Stockwerk schließlich einen Blick auf die Umgebung und die »Fliegende Stadt«. Auf eine Projektionswand wird die Sicht vom Dach des Kunsthauses auf Bregenz, den Bodensee und die Berge über eine rotierende Videokamera übertragen. Im Vordergrund der Projektion sieht man die gläserne Konstruktion der »Fliegenden Stadt« mit ihren sieben sich drehenden Türmen, die auf die Diplomarbeit des russischen Architekten Georgi Krutikow von 1928 und dessen utopische Vision einer fliegenden Stadt zurückgeht, in der die Menschen wohnen und arbeiten, während sie sich auf der Erde erholen.
Carsten Höller inszeniert für Bregenz mit seiner bisher umfassendsten Einzelausstellung in Österreich einen Parcours der Verführung und des Zweifels, der das Erlebnis des Kreisens, der Wiederholung und der Halluzination und eine damit einhergehende Verunsicherung hervorruft. Im Schein sich drehender und blinkender Objekte entsteht eine Welt des Spiels und des Augenscheins, in der die scheinbare Logik eines geordneten Zusammenwirkens unserer Wahrnehmung durch ausgeklügelte Installationen aus den Fugen gerät.
Eröffnung: 11.04., 20.00 Uhr
Es spricht Eckhard Schneider, Direktor des Kunsthaus Bregenz
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